Schadenersatz

SCHADENERSATZ

von Mag. Jan Rudigier 27 Feb., 2021
Die Skipiste: ein rechtsfreier Raum? Wer haftet, wenn doch etwas passiert? Leere und unverspurte Pisten, kein Anstehen beim Lift, gute Schneebedingungen und schönes Wetter machen diesen Winter nicht nur für eingefleischte Wintersportler zu etwas ganz Besonderem. Leider wird dieses Wintersporterlebnis immer wieder durch Skiunfälle getrübt, die für den/die Verunfallten regelmäßig nicht nur das Saisons-Aus bedeuten, sondern mit langwierigen und ernstzunehmenden Konsequenzen verbunden sind. Wer aber kann für einen Unfall auf einer Skipiste im gewidmeten Skigebiet haftbar gemacht werden? Gegen wen können Ansprüche gerichtet werden? Für die Beantwortung dieser Fragen lohnt es sich, eine rechtskundige Person zu kontaktieren, zumal die richtige Herangehensweise bei der Anspruchsstellung ausschlaggebend dafür ist, ob sämtliche Schäden/Beeinträchtigungen/Aufwendungen ersetzt werden. Unfall mit Fremdverschulden Bei Skiunfällen mit Fremdeinwirkungen gilt es primär zu überprüfen, welcher Wintersportler den Unfall zu verantworten hat. Grundsätzlich hat sich jeder Pistenteilnehmer so zu verhalten, dass keine anderen Personen gefährdet werden und Kollisionen ausgeschlossen werden können. Anders als im Straßenverkehr gibt es jedoch keine gesetzlichen Verkehrsregeln, die zweifellos bestimmen, wer beispielsweise stehen bleiben muss oder Vorrang hat. Gerade aufgrund des Fehlens von gesetzlichen Verkehrsregeln kommt den FIS-Regeln und den POE-Regeln entscheidende Bedeutung zu, da diese die Sorgfalts- und Verhaltensregeln auf den Skipisten festlegen. Vor allem die FIS-Regeln werden von den erkennenden Gerichten immer wieder zur Orientierung herangezogen, um zu beurteilen, wer den Unfall schuldhaft verursacht hat. Derjenige Skifahrer, der den Unfall schuldhaft und rechtswidrig verursacht hat, haftet für die entstandenen Schäden beim Unfallbeteiligten. Jedenfalls sollte nach einer Kollision ein Datenaustausch erfolgen, sodass eine zielführende Geltendmachung der Ansprüche möglich ist. Vertragshaftung Auch Skiunfälle ohne Fremdeinwirkungen dürfen aufgrund ihrer rechtlichen Brisanz nicht vernachlässigt werden. Ist der Skisportler im Besitz einer gültigen Liftkarte, liegt ein Beförderungsvertrag mit dem Seilbahnunternehmen vor. Vertragsinhalt ist nicht nur die Beförderung auf den Berg, sondern auch für sichere Pisten zu sorgen. Der Pistenbenutzer muss vor allen atypischen Gefahren geschützt werden. Sind beispielsweise auf der Piste befindliche Liftstützen nur unzureichend abgesichert, oder befinden sich Hindernisse auf der Piste, mit denen üblicherweise nicht gerechnet werden muss, kann der Pistenhalter auf Basis der vertraglichen Verpflichtungen haftbar gemacht werden. Die Nichteinhaltung der vertraglichen Pflichten führt dazu, dass der Vertragspartner für den entstandenen Schaden aufzukommen hat. Deliktische Haftung Selbst wenn kein Beförderungsvertrag besteht, was derzeit oft bei Tourengehern vorkommt, die nach ihrem Aufstieg über die Skipisten abfahren, kann eine Haftung des Pistenhalters nicht sogleich ausgeschlossen werden. Eine Deliktshaftung kann geltend gemacht werden, wenn gegenüber jedermann geltende Verhaltenspflichten missachtet werden. Es gilt zu überprüfen, ob sich die Skipiste in einem mangelhaften Zustand befunden hat und dieser Zustand vom Pistenhalter vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet wurde. Sind diese Voraussetzungen erfüllt und wurde der Wintersportler verletzt, getötet oder wurden seine Sachen beschädigt, können gegenüber dem Pistenhalter Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Aufgrund der aufgezeigten Vielfältigkeit der möglichen Ansprüche, ist eine anwaltliche Beratung jedenfalls empfehlenswert. Mag. Jan Rudigier RAA in Feldkirch „Die richtige rechtliche Herangehensweise bei der Anspruchsstellung ist entscheidend.“
von Mag. Pius Schneider 30 Jan., 2021
Lawinen: Recht gefährlich? Neuschnee, Sonne und ein unverspurter, mittelsteiler Pulverhang. Bei mäßiger Lawinengefahr setzt ein Skifahrer die ersten Schwünge in den Schnee, während weiter unten andere Skifahrer in denselben Hang einfahren. Plötzlich löst sich ein Schneebrett. Der die Lawine auslösende Skifahrer kann gerade noch entkommen. Die Schneemassen erfassen jedoch die untere Gruppe von Skifahrern und verschütten mehrere. Einer kann nur noch tot geborgen werden, eine Andere ist schwer verletzt. Bei diesem durchaus realistischen Szenario stellt sich die Frage: Mit welchen rechtlichen Folgen hat der Lawinenauslöser zu rechnen? Aus strafrechtlicher Sicht ist hier eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung bzw. fahrlässiger schwerer Körperverletzung denkbar. Hierbei betragen die Strafrahmen 1 Jahr bzw 6 Monate Freiheitsstrafe. Auch gegenüber unverletzt gebliebenen Personen kommt eine Bestrafung wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit in Frage. Das Auslösen der Lawine führt dann zu einer gerichtlichen Strafe, wenn der Skifahrer das Auslösen der Lawine zumindest fahrlässig verursacht hat. Zur Prüfung, ob fahrlässiges Handeln vorgelegen hat, wird das hypothetische Verhalten einer sogenannten Maßfigur herangezogen, mit der der Auslöser in dieser Situation verglichen wird. Dabei wird geprüft, ob ein maßgerechter, vorsichtiger und rücksichtsvoller Skifahrer diesen Hang in dieser Situation auch befahren hätte. Hätte dieser den Hang aufgrund der Lawinengefahr eben nicht befahren, liegt fahrlässiges Handeln des Auslösers vor. Auch wenn dem Auslöser die Gefährlichkeit der Situation nicht bewusst ist, weil er beispielsweise von Lawinen nichts versteht, führt dies nicht zur Straflosigkeit. In diesem Fall liegt die Fahrlässigkeit darin, dass er sich überhaupt in diese gefährliche Situation begeben hat. Im eingangs dargelegten Fall ist eine Bestrafung somit durchaus wahrscheinlich. Hat der Auslöser fahrlässig gehandelt stehen neben einer strafrechtlichen Verurteilung auch Schadenersatzforderungen der Verletzten und der Hinterbliebenen des Getöteten im Raum. Diese können aus Arzt- und Krankenhauskosten, Schmerzensgeld und Pflegekosten der Verletzten bestehen. Die Hinterbliebenen haben Anspruch auf die Erstattung der Begräbniskosten und unter Umständen auf Trauerschmerzensgeld. War der Verstorbene unterhaltspflichtig, hat der Auslöser auch für den künftigen Unterhalt aufzukommen. Der zu zahlende Schadenersatz kann dabei leicht mehrere Zehntausend Euro betragen. Dies kann von einer Haftpflichtversicherung abgefangen werden. Beachtenswert ist jedoch, dass diese bei grober Fahrlässigkeit häufig die Leistung verweigert. Auch aus rechtlicher Sicht empfiehlt sich daher, sich vor dem Tiefschneefahren mit der Lawinengefahr eingehend zu beschäftigen, sich im Gelände defensiv zu verhalten und auf andere Rücksicht zu nehmen. Zitat „ Sonnenschein, Pulverschnee, unbefahrene Hänge. Wer denkt dabei schon an rechtliche Probleme? “ Mag. Pius Schneider, RAA in Bludenz
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