Wichtige Neuerungen im Insolvenzrecht
Wichtige Neuerungen im Insolvenzrechtgn
Sanierungsverfahren oder präventives Restrukturierungsverfahren?
Restrukturierungsordnung (ReO):
Die im Juli 2021 in Kraft getretene ReO ermöglicht Unternehmen bei einer wahrscheinlichen Insolvenz ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren (RV) durchzuführen, um den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit – und damit die Insolvenz – im Vorfeld zu vermeiden. „Wahrscheinliche Insolvenz“ liegt vor, wenn der Bestand des Unternehmens ohne die Restrukturierung gefährdet wäre, dies insbesondere bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder wenn die Eigenmittelquote 8 % unterschreitet und die fiktive Schuldentilgungsdauer 15 Jahre übersteigt. Dem Antrag auf Einleitung des RV sind die letzten drei Jahresabschlüsse, ein Finanzplan über die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der nächsten 90 Tage und ein Restrukturierungsplan (RP) beizulegen. Während des RV bleibt die Eigenverwaltung beim Unternehmen. Allerdings sieht die ReO Fälle vor, in denen das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten beizuordnen hat. Dessen Aufgaben sind vergleichbar mit jenen eines Sanierungsverwalters. Um Exekutionen und eine Insolvenzeröffnung wegen Überschuldung auszusetzen, kann für die Dauer von bis zu drei Monaten eine Vollstreckungssperre beantragt werden. Während dieser Zeit entfällt auch die an die Überschuldung anknüpfende Haftung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern.
Die Zahlungsunfähigkeit bleibt aber weiterhin ein Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren!
Vorteile gegenüber dem Sanierungsverfahren
Nachdem ein RV nicht in der allgemein zugänglichen Ediktsdatei veröffentlicht wird, besteht die Chance, eine Entschuldung ohne großes Aufsehen und möglichem Reputationsschaden zu erreichen. Während das Sanierungsverfahren Mindestquoten (20 % bzw 30 %) vorsieht, gibt die ReO keine Mindestquote vor. Ob die Gläubiger letztlich eine Quote unter 20 % akzeptieren oder es auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ankommen lassen, wird vom Einzelfall abhängen.
Strategische Verfahrensgestaltung
Das Unternehmen hat die Wahl, welche Gläubiger in das RV einbezogen werden und welche Gläubiger nicht von den Entschuldungsmaßnahmen betroffen sein sollen. Die betroffenen Gläubiger sind in Klassen (besichert, unbesichert, nachrangig, schutzbedürftig, Anleihegläubiger) einzuteilen. Bei der Abstimmung über den RP ist in jeder Klasse eine Summenmehrheit von 75 % und eine einfache Kopfmehrheit notwendig. Durch strategische (Nicht-) Einbeziehung von einzelnen Gläubigern kann bereits im Voraus das Abstimmungsergebnis „geplant werden“. Gleichermaßen kann auch Rücksicht auf wichtige Geschäftspartner genommen werden. Bei sorgfältiger Planung bietet die ReO in finanzielle Schieflage geratenen jedoch bestandsfähigen Unternehmen ein neues, attraktives Sanierungsinstrument.









